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Bei
der Wahl der neuen Entlastungsglocken wurden in intensiven
Diskussionen, zusammen mit dem Glockensachverständigen
der Diözese Eichstätt - Herrn Winkelbauer, folgende
Randbedingungen festgelegt:
- die
Glocken müssen den täglichen immer wiederkehrenden
Läutedienst, das Angelusläuten, übernehmen,
d.h. die neuen Glocken sollen sich in ihrer Tonhöhe
deutlich unterscheiden.
- die
neuen Glocken sollen sich in ihrem Klangbild in das bestehende
Glockenensemble einfügen. Die Glocken sind in gotischer
Rippe' zu gießen.
- Die
Tonhöhe der tieferen Glocke soll oberhalb der Stürmerin'
mit ihrem Schlagton c' liegen.
- Die
Tonhöhe der kleineren Glocke soll unterhalb der vorhandenen
Kleinen Glocke' liegen, um an hohen Festtagen ein
klanglich ausgewogenes Gesamtgeläute zu erreichen.
Das
Schriftband auf der Glocke trägt den Vers 14 aus dem
1. Kapitel des Johannesevangeliums: "und ER, das Wort,
ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt".

Die
neue Menschwerdungsglocke hat folgende Daten:
Durchmesser: 910 mm
Gewicht: 483 kg
Schlagton: b'
Die
Menschwerdungsglocke ertönt jeden Morgen um sechs Uhr
zum Angelusgebet und ruft am Sonntag zum Gottesdienst.
 
Zur
neuen Glocke "Menschwerdung":
Schon
als die altehrwürdige Stürmerin' im Jahr 1322
gegossen und in Dienst gestellt wurde, hatte es sich eingebürgert,
am Ausklang des Tages allabendlich die Glocke zu läuten.
Der Anstoß dazu war von den Franziskanern ausgegangen:
Sie empfahlen, auf diese hörbare Weise Maria als Mutter
unseres Herrn und Heilands zu grüßen, da sie zur
Abendzeit die Botschaft Gabriels vernommen und Christus Jesus
empfangen habe. Dazu passte gut die Anweisung des damaligen
Papstes Johannes XXII., zum Glockengruß dreimal das
"Ave Maria", das "Gegrüßet-seist-du-Maria"
zu beten.
Seit
dem 14. Jahrhundert bürgerte sich allmählich das
Morgenläuten ein und im 16. Jahrhundert kam das mittägliche
Läuten dazu. So kam es zu dem uns noch geläufigen
Rhythmus des dreimaligen täglichen Läutens. Am Beginn,
auf der Höhe' und zur Neige eines jeden Tages rufen
wir uns hörend, betend, innehaltend in Erinnerung, dass
der Schöpfer des Himmels und der Erde sich in Jesus Christus
ein für alle Mal als "Immanuel = Gott-mit-uns"
zeigt. Der hl. Thomas von Aquin schreibt, dass SEINE Menschwerdung
überhaupt der Grund ist für all unsere Worte, Gesten,
Gaben, Zeichen und Klänge des Glaubens: Weil ER zur Welt
gekommen ist und Wohnung genommen hat, einer von uns wurde,
können wir auf menschliche Weise und mit den Mitteln
dieser Welt etwas von IHM vernehmen und über IHN kund
tun. Das bekräftigt der Vers aus dem Prolog', dem
Auftaktwort' des Johannes-Evangeliums, der die Menschwerdungs-Glocke
ziert: "Und ER, das Wort, ist Fleisch geworden und hat
unter uns gewohnt." (Joh 1, 14) Die Frohbotschaft spricht
hier nicht vom "Geist" Gottes, der den Kosmos belebt
(so das Buch Genesis) und nicht von Gottes schöpferischer
"Weisheit" (wie im Buch Jesus Sirach 24, 1-2, 8-12),
sondern ausdrücklich von seinem Gesalbten, dem Messias
"aus dem Hause und Geschlechte Davids": ER, der
ganz und gar eintaucht in unser Geschick und alles mit uns
teilt, von seiner Geburt in Bethlehem bis zur Stunde seines
bitteren Todes auf dem Hügel Golgota (so dass nach alter
Überlieferung auch diese Glocke zur besagten Stunde,
nämlich am Freitag Nachmittag um 15.00 Uhr - nach biblischer
Tageszeit "die neunte Stunde" - gegossen wurde).
Soverbindet ER Himmel und Erde, dass sie nie mehr getrennt
werden können voneinander.
Bildlich
ist es auf dem Glockenrelief so dargestellt: Das neugeborene
Jesuskind, die Arme weit ausgestreckt kommt es uns gleichsam
entgegen, will von uns in Liebe, freien Herzens angenommen,
willkommen geheißen werden. Und zugleich möchte
es uns umarmen, umfangen und bergen. So verweist diese Haltung
schon auf das Wort, das Jesus bei seinem Abschied denen mitgibt,
die ihn aufsuchen: "Ich, wenn ich über die Erde
erhöht bin, werde alle zu mir ziehen" (Joh 12,32).
Ein französischer Gottsucher hat es so benannt: "In
Jesus von Nazaret ist aus der Religion eine zutiefst persönliche
Beziehung, eine "Liebesgeschichte" geworden: une
affaire de l`amour." - Ja, der Stern, der in der heiligen
geweihten Nacht aufgeleuchtet ist über unserer Erde,
über Völkern und Kontinenten, über dir und
mir - dieser Stern hat einen Namen, trägt ein Gesicht
und sein Herz schlägt in Liebe für uns.
Die
Dichter der altvertrauten geistlichen Lieder bringen es so
ins Bild: "Morgenstern der finstern Nacht, der die Welt
voll Freuden macht, Jesu mein, komm herein, leucht in meines
Herzens Schrein
Schönster Stern, weit und fern
ehrt man dich als Gott den Herrn." (der schlesische Engel
Angelus Silesius = Johann Scheffler, 1657). Und aus der Feder
von Philipp Nicolai: "Wie schön leuchtet der Morgenstern,
voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn uns herrlich aufgegangen:
Du Sohn Davids aus Jakobs Stamm, mein König und mein
Bräutigam, du hältst mein Herz gefangen."
An
die Glockenzier mit Kind und Sternen knüpfe ich noch
zwei Spruchweisheiten an; die eine aus Arabien: "Kannst
du kein Stern am Himmel sein, so sei eine Lampe im Haus."
Und die andere von dem bengalischen Poeten Rabindranath Tagore:
"Jeder Mensch ist ein geborenes Kind; seine höchste
Gabe ist die Gabe des Wachsens." - Möge der Klang
der Glocke SEINER Menschwerdung auch uns Mut machen, das Wagnis
unseres eigenen Menschwerdens mit Gottvertrauen anzugehen
und das Licht der Hoffnung an unserem Platz in dieser Welt
aufscheinen zu lassen.
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